Wenn Sie beim nächsten Waldspaziergang auf wunderschöne, weisse Haarlocken stossen, dann hat diese keine Waldfee fallen lassen. Sie haben vermutlich Haareis oder Eiswolle gefunden, eines der wohl schönsten (und äusserst seltenen) Naturphänomene.

Die Forschung über Haareis geht bis ins vorletzte Jahrhundert zurück, als 1833 ein englischer Wissenschaftler eine erste Abhandlung über das Phänomen schrieb. Das Rätsel ist bis heute noch nicht ganz gelöst, aber eine 2015 an einer deutschen Universität publizierte Studie lüftet den Schleier der Unwissenheit weitgehend.

Feuchtes Wetter macht Locken

Viele Menschen können ein Lied davon singen: Wenn das Wetter schön feucht und neblig ist, kräuseln sich ihre Haare (zur Freude oder zum Ärger) zu wunderbaren Locken. Genau solche Voraussetzungen braucht auch die weisse Haarpracht, die sich in kurzer Zeit an schneefreien Wintertagen auf Totholz bildet. Ausserdem benötigt es noch Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt, wenig Wind und natürlich morsches Holz, vornehmlich von Laubbäumen.

Ein Pilz sorgt für die Frisur

Auslöser des Phänomens ist ein Pilz mit dem wunderlichen Namen «Rosagetönte Gallertkruste». Sporen dieses Pilzes wurden in besagter Studie in allen Holzstücken gefunden, auf denen Haareis am Spriessen war. Die Gallertkruste ist auch im Winter aktiv und zersetzt Totholz. Dabei entstehen Gase, die Druck erzeugen. Die Feuchtigkeit im morschen Holz ist meist etwas wärmer als die Umgebungstemperatur. Wird sie nun durch den Druck durch die Holzporen herausgepresst, entstehen die feinen Haare, weil die Dichte des Wassers abnimmt und somit das Volumen zu.

Alles, wirklich alles muss stimmen

Ist die Luft zu trocken, verdunstet das Eis, bevor sich wirklich Haare bilden. Wenn die Temperatur zu kalt ist, also tiefer als knapp unter dem Gefrierpunkt, oder wenn die Temperaturen schnell fallen, dann gefriert das morsche Holz durch und es bildet sich ebenfalls keine Eiswolle. Und falls zuviel Wind da ist, verwehen die feinen Haarkristalle in alle Richtungen. Die Form der Locken lässt allerdings erahnen, dass doch ein ganz wenig Luftzug zu den schönen Wellen beiträgt.

Zauber der Natur

Das sind die Ingredienzen, die es braucht, wie Wissenschaftler herausgefunden haben. Bis ins Detail erforscht sind die Vorgänge, die zu Haareis führen, noch nicht. Aber ist es nicht auch schön, der Natur dieses letzte Geheimnis zu lassen, das zu diesem zauberhaften Phänomen führt?